Dieser Fall ist Nestor Burma auf den Leib geschneidert. Er hat es gleich mit einem ganzen Haus voller hübscher junger Frauen zu tun...
...und eine kommt sogar doppelt vor. Der blonde Filmstar Dany Darnys mit dem perfekt toupierten Schopf hat nämlich in Yolanda Mege eine Doppelgängerin. Yolanda ist, ebenso wie Regine, ebenso wie Consuelo, Fotomodell für ein freizügiges Herrenmagazin und keineswegs verklemmt. Nestors Libido braucht also nicht zu darben.
Der Roman spielt im 17. Arrondissement, einem kleinbürgerlichen Viertel ohne ausgeprägten Charakter. Allerdings täuscht die biedere Fassade, denn auch hier wird gelogen, betrogen und gemordet. Die Handlung führt bald nach Levallois, der damals noch glanzvollen Autostadt, Hauptsitz von Citroën und anderen. Heute eine seelenlose Vorstadt, eine eher traurige Adresse.
Mit der Insel La Grande Jatte gleich daneben lief es umgekehrt. Zu Léo Malets Zeiten eine grüne Idylle mit Hausbooten und Ausflugslokalen, heute zugebaut mit Eigentumswohnungen und ein Jagdrevier für Immobilienmakler. Hier hatte der geniale Ingenieur Desiris aus unserer Geschichte seine Werkstatt, in einem schäbigen Schuppen. Heute wäre allein das Grundstück Millionen wert.
Im angrenzenden Neuilly, wo der Schwiegervater des Desiris residierte, stehen heute Nobelvillen. Hier wurde, lange nach Léo Malet, Sarkozy 1983 Bürgermeister - mit seinen 28 Jahren einer der jüngsten in ganz Frankreich.
Im Original heißt der Roman „Le cadavre envahissant de la Plaine Monceau“ etwa: „Die penetrante Leiche von der Plaine Monceau“. Die Plaine ist ein Bezirk im 17. Arrondissement und hier stößt Nestor auf die ersten Leichen. Hier befindet sich außerdem der Friedhof Batignolles. Hier liegen neben unserem Desiris u.a. der Dichter Paul Verlaine, André Breton (allerdings erst seit 1966), die Feministin Marguerite Durand sowie eine gewisse Émilienne d‘Alençon, Kabaretttänzerin und große französische Kurtisane, eine der berühmten Drei Grazien der Belle Epoque...
Léo Malet (1909-1996) ging nach der Lehre zum Bankangestellten 1925 als Waise nach Paris. Dort war er Clochard, Chansonnier im Kabarett Vache Enragée und begann zu schreiben. Er war Filmstatist, Herausgeber einer Modezeitschrift und Ghostwriter eines analphabetischen Erpressers. 1940 / ‘41 war er im Stalag X-B bei Sandbostel interniert.
Zeichner: Emmanuel Moynot
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