Nestor Burma steht am Abgrund. Die Hand, die ihn hinabstoßen wird, ist eine zarte, sanfte, zärtliche Hand, die nach dem Parfum „Bergkristall“ duftet…
Oder wird dieselbe zarte Hand unseren Detektiv ins Paradies auf Erden führen? Im Kriegswinter 1942, zwischen deutscher Besatzung und britischen Bomben, ist das Paradies fern. Viele Pariser wissen nicht mehr, wo oben und unten ist. Chaos ist Normalität, Schicksale und Lebenswege wirbeln durcheinander, und auch der Kriminalfall, mit dem unser Ermittler konfrontiert wird, ist erstens lange her und zweitens alles andere als durchsichtig. Nestor fährt kreuz und quer mit der Metro durch Paris - falls sie überhaupt fährt -, er muss sogar mit der Bahn raus aufs Land, und die Bahn steht auch mal eine Stunde auf freier Strecke.
Auch Nestor verliert die Orientierung, und zwar so gründlich, dass er sogar seine geliebte Stierkopfpfeife heillos verlegt. Was letztlich die Handlung des Krimis entscheidend voranbringt, aber bis dahin steht die gewohnte Ordnung kopf. Wir erleben einen gereizten Nestor, der sogar seine unersetzliche Helene anschnauzt. Und macht er am Ende etwa gar Anstalten, auf die dunkle Seite des Gesetzes zu wechseln?
Allerlei Ungutes kommt da zum Vorschein: längst vergangene Verbrechen, Lydias Lügen ebenso wie Nestors „Knastvergangenheit“. Dabei war es in Wirklichkeit die seines Schöpfers Leo Malet, der 1926 ein paar Monate im berüchtigten Roquette und in eben jener Zelle 11, Abteilung 2, 3. Stock verbrachte - wegen Herumtreiberei.
Léo Malet (1909-1996) ging nach der Lehre zum Bankangestellten 1925 als Waise nach Paris. Dort war er Clochard, Chansonnier im Kabarett Vache Enragée und begann zu schreiben. Er war Filmstatist, Herausgeber einer Modezeitschrift und Ghostwriter eines analphabetischen Erpressers. 1940 / ‘41 war er im Stalag X-B bei Sandbostel interniert.
Zeichner: Emmanuel Moynot
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