Lo Hartog van Banda war einer der produktivsten niederländischen Szenarien-Schreiber. Der Startschuss für seine Karriere fiel, als er zusammen mit Ben Abas ein Science-Fiction-Magazin ins Leben rief. Leider hatte es nur kurzen Bestand. 1952 schloss van Banda sich dann den Marten Toonder Studios an, wo er sich schnell zu einem der wichtigsten Szenarien-Schreiber entwickelte.
Bis 1965 schuf er unvergessliche Storys für Aram, Kappie, Koning Hollewijn, Panda, Tom Poes und natürlich Bommel. Außerdem kreierte er die philosophische Zeitung Student Tijloos; zunächst mit Gerrit Stapel und später mit Thé Tjong-Khing. Als Marten Toonder 1965 nach Irland ging, verließ van Banda ebenfalls die Studios und begann kurze Zeit später seine Arbeit für die Jugendzeitschrift Pep. Aus dieser Zeit stammen Werke wie De Argonautjes (mit Dick Matena), Ambrosius (mit Gideon Brugman), Blook (mit Johnn Bakker) und Arad en Maya (mit Jan Steeman). 1968 kreierte er zusammen mit Thé Tjong-Khing den farbenfrohen Comic Iris. Kurze Zeit später brachten die beiden den Zeitungscomic Arman und Ilva raus.
1970 verließ er die Welt der Comics zunächst und widmete sich dem Schreiben erfolgreicher Kinderfernsehshows wie zum Beispiel Tita Tovenaar und De Berenboot. In den 80er Jahren beglückte er die Welt aber doch noch mit drei Episoden für Morris‘ Lucky Luke. Die erste dieser Ausgaben, „Fingers“, gilt zu Recht als eines der besten Alben seit Goscinnys Tod. Eines seiner letzten Projekte war das Skript für das „Tita-Tovenaar-Musical“. Im Februar 2006 starb van Banda im Alter von 89 Jahren.
Maurice de Bévère, der geistige Vater von Lucky Luke, ist seinen vielen Millionen Lesern in aller Welt besser bekannt unter dem Künstlernamen Morris. Am 1. Dezember 1923 in Courtrai, Belgien geboren, am 16. Juli 2001 in Brüssel verstorben, gilt er allenthalben als einer der überragenden Comicautoren des 20. Jahrhunderts. Sein grandioses Lebenswerk liegt in der deutschsprachigen Ausgabe in der Egmont Comic Collection komplett vor.
Von frühesten Kindheitstagen an verschrieb sich Morris dem Zeichnen und es erstaunt nicht, dass er diese Passion zum Beruf machte. Erste Meriten erwarb er sich bei der Familienzeitschrift Le Moustique, für die er ab 1944 eine Vielzahl an Titelbildillustrationen fertigte. Für das ebenfalls im belgischen Verlag Dupuis erscheinende Comicmagazin Spirou kreierte er 1946 den Westernhelden Lucky Luke, der zusammen mit seinem Pferd Jolly Jumper den ersten Aufgalopp in Arizona 1880 zum Jahreswechsel 1946/47 im L´Almanach Spirou 1947 meisterte. Bereits damals mit einem launigen Jodler auf den Lippen: ganz im Sinne der singenden Cowboys Roy Rodgers und Gene Autrey. Ab der Nummer 478 von Spirou (12. Juni 1947) gehörte dann die mit Rasanz sich entfaltende Serie Lucky Luke zum festen Bestandteil des Heftes bis ins Jahr 1968.
Vollends zur populären Westernparodie generierten die Abenteuer von Lucky Luke ab 1955, als René Goscinny (1926-1977) das Verfassen der Storys übernahm. Kennengelernt hatten sich die beiden Männer zu Beginn der fünfziger Jahre in New York, wo nicht nur der Franzose, sondern auch der Belgier das berufliche Glück suchte. Goscinny lieferte von nun an die genialen Plots, kreierte aberwitzige Charaktere wie die dreisten Gebrüder Dalton oder den dämlichen Hund Rantanplan und führte historische Figuren wie Billy the Kid, Calamity Jane, Jesse James in den humoristischen Kontext ein. Morris seinerseits zelebrierte mit reduziertem Strich die hohe Kunst der effektiven Aussage und bereicherte das illustrierte Universum um unvergessliche Karikaturen von Jean Gabin, Michel Simon, David Niven, Lee van Cleef und etlichen anderen mehr. Gemeinsam fertigte das Duo Goscinny und Morris 37 albenlange Lucky Luke-Abenteuer, dazu noch diverse Kurzgeschichten, die ab April 1968 im französischen Magazin Pilote ihren Vorabdruck erfuhren, wo Goscinny als Chefredakteur wirkte und auch Asterix seine Plattform hatte. Die erfolgreiche, über drei Jahrzehnte währende Zusammenarbeit mit dem genialen Texter kommentierte Morris nicht ohne Stolz mit den Worten: „Ich habe das große Privileg, dass ich der Erste war, für den Goscinny Szenarios machte. Und ich habe es nicht bereut.“
Nach dem Tod von René Goscinny hielt Morris am bewährten Erzählmuster fest und blieb mit wechselnden Autoren – Bob de Groot, Lo Hartog van Banda, Xavier Fauche, Jean Léturgie, Patrick Nordmann, um einige zu nennen – auf Erfolgskurs. Unter der gestaltenden Hand von Morris erwuchs der „lonesome cowboy“, der das Glück im Namen trägt und das Herz auf dem rechten Fleck, zum überragenden Charakter und Klassiker der französischen Comicliteratur, die in Anlehnung an eine Begriffsfindung von Morris auch als die „Neunte Kunst“ bezeichnet wird.
Morris hat für sein Werk zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Besonders wertvoll war ihm die Medaille der Weltgesundheitsorganisation, die ihm dafür verliehen wurde, dass er seinem Cowboy das Rauchen abgewöhnt hat. 1992 erhält er unter anderem den ersten Preis des Comic-Festivals in Quebec und den „Grand Prix“ der belgischen nationalen Comic-Vereinigung in Brüssel. Damit nicht genug: Anlässlich der Eröffnungsfeierlichkeiten des 20jährigen Jubiläums des Internationalen Comic-Salons von Angoulême erhält Morris den „Grand Prix Special“.
Im Juli 2001 stirbt der geniale Schöpfer von Lucky Luke. Trotz aller Trauer bleibt ein Trost: Noch zu Lebzeiten verfügte Morris testamentarisch, dass es nach ihm weitere Folgen geben soll mit „dem Mann, der schneller zieht als sein Schatten“.
Mit Achdé hat er einen würdigen Nachfolger gefunden.