Eine der faszinierendsten Figuren im Pratt-Universum ist sicherlich Leutnant Morgan von der Royal Navy. Mit dem starken Überbiss erinnert er an einen freundlichen Osterhasen…
…in seiner schmucken weißen Uniform kommt er sich vor wie ein Eisverkäufer und die meisten seiner Missionen im Adriatischen Meer scheinen eher auf einen Postboten zu- geschnitten, findet er. Und doch schießt er einen Feind kaltblütig frontal nieder – per Kopfschuss, oder er weidet gekonnt eine Leiche aus. Das hat er in der Offiziersausbildung gelernt: damit der Körper im Wasser unten bleibt.
Irgendwie behält er aber in dem ganzen Kriegsirrsinn den Kopf oben. Im Nachwort zu diesem Band steht: „Morgan kämpft darum, wenigstens der Protagonist seiner eigenen Geschichte zu sein.” Dafür hat Hugo Pratt eindrucksvoll gesorgt.
Es sind nicht die erwartbaren Heldengesänge von siegreichen Gefechten und lebensgefährlichen Feindkontakten, sondern die allgemein-menschlichen Begebenheiten, von denen Pratt erzählt. Der Krieg vergiftet Beziehungen, zerfrisst Seelen und bringt deshalb das Gute in manchen Menschen umso heller zum Leuchten.
Und Hugo Pratt wäre nicht der Großmeister, der er ist, wenn er nicht in so gut wie allen literarischen Genres zu Hause wäre. Leicht gaga ist die groteske Story mit der sprechenden Lokomotive namens Baldwin in der Wüste Palästinas. Purer Zynismus ist es, wenn ein Soldat nur deswegen an die Front versetzt wird, weil ein Liebesgedicht von ihm prima zum Rekognoszieren taugt. Und Pratt wäre nicht Pratt, wenn er nicht überall die Weltpolitik hin-einspielen ließe. Und dann dieses Meisterwerk ganz anderer Art: die Titelgeschichte des Albums über die letzten Minuten im Leben des Dichters Antoine de Saint-Exupery. Das graduelle Verlöschen des Bewusstseins und zugleich das Aufleuchten seliger Erinnerungen – und am Ende ist plötzlich alles ganz leicht.
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