Seine Rolle bleibt im Hintergrund und ist letztlich die tragende: ohne den Mann hinter der Bar gäbe es wahrscheinlich das ganze Genre noir nicht. Nur selten wird ihm ein Denkmal gesetzt, etwa in Casablanca…
…dabei ist der Barman meistens der letzte Anker in einer haltlosen Welt. Dem Mangel hat Jiro Taniguchi hier entschieden abgeholfen. Die Gesichter am Tresen sind austauschbar, namenloses Treibgut in den Metropolen. Getrieben von Begierden, wonach oder nach wem wissen sie selbst nicht zu sagen. Die Frauen dagegen tragen exotische Namen - Sue in oder Mariko - und markante Kleidung.
Die „Taniguchi-Schule“ ist diese einmalige Mischung aus franko-belgischer und japanischer Comic-Kultur. In Tokio Killers hat der Mangaka sich offensichtlich intensiv mit dem noir-Meister Loustal beschäftigt: dieselbe melancholische, resignierte, müde Stimmung, dieselben ungewöhnlichen Frauen, die ihr Geheimnis bewahren, indem sie schweigen.
Fremd in der Welt sind die Protagonisten dieser Storys, sie wollen gar nicht heimisch werden, nicht Wurzeln schlagen. Fremd wie der Autor Alain Saumon in Japan, fasziniert von unverständlichen Sitten, verschlossenen Mienen, sparsamen Gesten, dem Todeskult, dem Tokonoma - diesem überaus eleganten Raumelement des traditionellen japanischen Wohnzimmers.
Der Yakuza Kurosaki führt seinen Lehrling vor dieses Heiligtum, in dem das tödliche Schwert, das Mordinstrument thront. Das Tokonoma ist eine etwa 50 cm tiefe und ein bis zwei Meter breite Nische, in der Kostbarkeiten aufbewahrt und ausgestellt werden. Jede Holzleiste, jeder Lichteinfall, jede Proportion ist sorgfältig bedacht, behandelt, austariert - so typisch für die verfeinerten, mit Bedeutung aufgeladene Alltagskultur in Japan.
Wenn man dagegen die wuchtige, europäische Wohnwand aus Eiche mit ihren Nippes hinter Glas ansieht, bekommt man eine Ahnung, weshalb Taniguchi bei uns so verehrt wird…
Leider sind noch keine Bewertungen vorhanden. Sei der Erste, der das Produkt bewertet.
Du mußt angemeldet sein um eine Bewertung abgeben zu können. Anmelden